Füf Gedanke zur Kultur

Mini erschti Idee isch, zwüsched emene erwiterte und emene ängere Kulturbegriff zunderscheide.
Kultur isch eigentlich alls wos git, währenddem d'Künscht Kultur im ängere Sinne usmached.
Üseri oberschte Kulturgüeter sind demnach d'Bärge, d'Wiese, d'Wälder, d'See und d'Bäch. Ohni die chönnti üseri Kultur glatt ipacke. Do müemer schampar ufpasse, dass d'Gletscher nöd no meh is Tropfe chömed!
Dänn chunnt d'SBB mitsamt dä Poschtauto...
Also wännzi jetz dr Uffassig sind, d'SBB heg nüt mit Kultur z'tue, dänn sinzi total falsch gwicklet. Meinezi, d'SBB sig kei Kunscht, willme mit üserne Schtaatsbahne au no vo Chur nach Züri chönn fahre..?
Händ Sie ä Ahnig! D'SBB isch än witus gültigere kulturelle Usdruck vo üserem wisseschaftlich-technologische Zitalter, als so mängs Gepinsel, wo nu doderzue dient, a d'Wand ghängt zwärde, um döt vergässe zgo.
Kunscht isch nöd deswäge Kunscht, willmesi für nüt cha bruche.
Das meined zwar hütigetags villi.
Zu allne Zite aber isch Kunscht für öppis guet gsi. Nur i üserne hüttige unkünschtlerische Zite, womes paradoxerwis mitere Masseinvasion vo sogenannte Künschtler ztue hät, dient Kunscht nüt anderem, als dr innere Läri vo dene Lüt zum Durchfall zverhälfe.
L'art pour l'art isch ä Dekadänzerschinig!
Wo isch hüt än Shakespeare, än Beethoven, ä Rembrandt in Sicht? Pippilotti Rischt in Ehre oder dr Rolf Knie, aber chönn die dr SBB z'Wasser reiche? Hinde und vore nöd.
Lieber vom Läbe zeichnet, als vom Rolf Knie gmalet, wie min Fründ Polo ämoll gseit hät!
Wännz dänn scho uf geischtigi Dünnbrättbohrerei uselauft, dänn scho lieber Äscheniöre. Die chönnz eifach besser!

Jetz – achtung – mi zweite Gedanke: Was Kunscht agoht, so gits hütigetags zwei Dänkwise, die sich diametral gägeüberschtönd:
Einersits underscheidet ä chlini, sälbschternannti Elite Kunschtgewerbe vo ächter Kunscht und huldigt dere als Sälbscht-Offebarig vo Künschtler. D'Form isch alls; Inhält schpilled chum no ä Rolle; Unzuegänglichkeit gilt als Kunscht par excellence.
Uf dr andere Site hämer die gwöhnliche Lüt, wo kei Interässe an Künschtler händ und für die Kunscht öppis Absitigs-Kapriziöses isch und alles anderi als ä Läbesnotwändigkeit darstellt.
Die zwei Klasse vo Kunschtrezipiänte beherrsched z'Fäld. Und äso isch die dritti – eigentlich normali – Haltig fascht vergässe gange, die dodrin beschtoht, all das als Kunscht azluege, wo guet gmacht isch, was immer das au isch, ä Düsetschet, äs Bild oder äs Theaterschtuck.
"Es gibt keinen guten Gebrauch ohne Kunst", hät dr Thomas vo Aquin gseit. Imene Reschtorant Ärbsli und Rüebli us dr Büx, was isch das fürne Pruefsuffassig? Schue, wome nacheme halbe Johr ufe Güsel muess gheie, Bilder, wo eim nüt meh zeiged, als dass dr Maler nöd cha male und ärs deswäge vorzieht, vo allem Afang a abschtrakt z'fuschte. Söllmer ämoll eine äs Welo zeichne, dänn sägem, waser allefalls druf hät oder nöd.
Warum isch i dr moderne Kunscht mit allne Regle abgfahre worde? Zum Bispill ir Malerei mit dr Perschpektive, i dr Lyrik mit em Reim? Willzis nöd chönnd! Willzi nüt z'säge händ, und dem ungehinderte Usdruck wänd verschaffe! D'Ergäbnis sind dänn amigs au vonere söttige Wirrniss, dasses ganzi Schare vo Professore, Kritiker und Apologete brucht, um für das verdutzti Publikum usezchüzle, um was es sich do chönnti handle.
Regle, das sind Hindernis, i dere ihrer Meischterig Kunscht entstoht!

Hoppla Schorsch, jetz chunnt scho Gedanke Nummer drü: Im Begriff "Kultur" schwingt immer au ä Aschpruch mit, ä Aschpruch uf öppis Verfeinerets. Wännz um d'Wünschbarkeit vo Kultur reschpektive Kulturförderig goht, dänn frogts sich, wie chame z'Nivo vo Schtammtisch-Diskussione hebe, Trittbrätthöchi vo Zugwaggons senke, und wie chame dr Griff vo Zahbürschteli no besser i Griff übercho – vo dr gsteigerte Erbaulichkeit vo Theaterproduktione und Kunschtusschtellige nöd z'rede. Also mit Zahbürschteligriff und Trittbrätthöchene chömemer zwüschezitlich scho ganz guet z'Rank. Wie aber hebt me z'Nivo vo Schtammtisch-Diskussione?
Doderzue möchti ganz generell säge: Me sött de Lüt ebe nöd nur kommerzielli Hardcore-Fähigkeite wie Läse, Schriebe, Rächne und Zämmezelle bibringe. Kultur, das isch ebeso emotionelli, geischtigi Bildig und nöd nur d'Usbildig vonäs paar intellektuelle Funktione.
Nöd wohr, zur Zit ischs Banker-Bashing in. Kulturlosi Hamschterhanse, wo mit ihrer Gier die wirtschaftliche Grundlage vo öiserer Existänz gfährded. D'Banker aber sind nur d'Schpitze vom Isberg! Und dä Isbärg, a dem das Technologie-Wunderwärch vo öiserer Sozial-Titanic z'zerschelle droht, heisst Fundamental-Materialismus.
D'Banker sind d'Taliban vom Materialismus!
Zallerierscht aber müesstme öiseri Wüsseschaft kritisiere, wo imene quasi-religiöse Totalitarismus nur gälte loht, wasme zelle und mässe cha. D'Wüsseschaft leischtet mit ihrer reduktionistische Uffassig vo Würklichkeit am Materialismus in üserer Gsellschaft entscheidende Vorschub. Und hindedri gwagglet öiseri Schuele!
Gier khört zum Materialismus, wie dr Dotter zum Ei. Moderati Materialischte isch ä Widerspruch in sich. Äs muess immer meh si, will dr Materialismus letschtlich zu keiner Befriedigung füehrt.
Kulturell hochschtehend wär ä Gsellschaft, die seelische und geischtige Bedürfnis vo ihrne Mitglieder erschti Priorität chönnti zuegeschtoh.

Mi vierti Gedanke: Üseri Kultur isch im wesentliche prägt vor industrielle Produktion. Die isch z'Ergäbnis vo Beschtrebige zur Profitmaximierig. Ich meine, d'Rationalisierig vor Produktion hätt jo nöd drzue bitreit, dass mä entscheidend wäniger müesst chrampfe oder wäniger under Arbetsschtress lide.
Die induschtrielli Produktion hätts mit sich procht, dass ds Künstlerischi vo de Gebruchsgüeter gschiede worde isch. Um rationell produziere z'chönne, sind Gebruchsgüeter auf ihre blossi Funktion reduziert worde, wosi doch zu Zite au immer Träger vo künschtlerische, spirituelle Mitteiligi gsi sind, die d'Mänsche druf higwiese händ, dass dr Alltag nöd wie alli Tag muess si, wämme öppis drus macht, was in Verbindung und Harmonie mitem All stoht.
Nur Lüt, wo über dr entschprächendi Zaschter verfüeged, chönnd sich hütigetags Künstlerisches a Gebruchsgüeter via Design wieder inehole.
Drzue chunnt: Was händ doch Undernähmer und Mänätscher, wo Millione und Milliarde scheffled und glichzitig Lüt entlöhnd, fürne chranki Pruefsuffassig, die sie exorbitanti Gwünn übers Wohl und d'Witerbeschäftigung vo ihrne Agschtellte stelle laht?
Rächt mache isch Kunscht. Rächt tue isch Ethik.
Das eigentlich Skandalösi vor industrielle Produktion sind aber d'Arbetsschtelle, wosi generieret. Die sind nur zu oft vonere söttige Nichtswürdigkeit, dass äs würklich chum öpper git, wo so tumm isch, als dasser dodrus chönnti Befriedigung zieh. Dr Plato hät gseit: "Mehr würde getan werden, besser und leichter, wenn jedermann nur eines täte, nämlich das, was seiner Natur entspricht."
Das isch was "Pruef" meint – Berufung. Alles anderi sind Jobs!
Also, anere Kasse Lüt miteme Scanner Strichcodes abtaschte loh, das isch i dr Natur vo Affe oder Roboter agleit, aber nöd vo Mänsche, wie verbrätteret und vernaglet die au si möged. Dasch absoluti Kulturlosigkeit – do änderet au äs Kulturprozent nüt dra.
Gits eigetlich Gwärkschafte, wo nöd nur höcheri Löhn und meh Ferie forderen, sondern au sicherzschtelle sueched, dass dr Arbeitendi a siner Arbet genau so vill Freud hät, wie a sim Schrebergarte, siner Kaffirahmdegglisammlig oder sim Familieläbe?

Dr füfti Gedanke: Nöd wohr, wänn dr chlini Ma uf dr Schtross i siner Pragmatik kei Verwändig für Kunscht hät, chann ich ihn verschtoh. Kunscht muess meh si, als d'Besichtigung vomene preziöse Künschtler-Ego.
Aber Kunscht isch alles anderi als überflüssig!
Ä Induschtrie ohni Kunscht isch tierisch!
Und äs Tier z'wärde, heisst, als Mänsch schtärbe.
Kunscht isch deshalb ä Notwändigkeit. Und Notwändigkeit bedütet nüt wäniger, als dassme Kunscht brucht, egal wasi choscht. (Warum die allerdings so tüür muess si, stoht ufeme andere Blatt!)
Die Wärchtätige aller Länder sötted nüt wäniger fordere, als d'Möglichkeit Künschtler zsi. Kei Zivilisation, die Wärchtätige das verwehrt, hät ds Rächt, sich zivilisiert z'nänne.
Mier bruched wäniger Scheniestreiche als villmeh Meischterwärk. Mier bruched wäniger Zügs, wo usem Rahme fallt, als d'Arbet vo kompetente Pruefslüt, wo ihre Lehr abgschlosse händ. Und jede Mänsch, wänner nöd ä Penner oder Parasit isch, treit d'Möglichkeit in sich ä Künschtler dsi. Dr grundsätzlichi Fähler vor Illusionsblase Kultur beschtoht ir Annahm, Kunscht sig d'Aglägeheit vo ganz schpezielle Mänsche, insbesondere vo Schenies. Demgägeüber stoht d'Asicht vor Kunscht als guet gmachte Sache, siged das nun Symphoniee oder Flugzüg.
D'Frog vom Eigetum an Produktionsmittel isch ä spirituelli Aglägeheit!

Nachdem ich mich jetz vorallem zum erwiterete Kulturbegriff usgloh ha, möchti doch no zusätzlich öppis zur Kunscht im ängere Sinne säge. Mit Kunscht verbindeni än hoche Aschpruch. Sie verwiest uf öppis wo hinder oder über dem stoht, was üseri sinnlich wahrnehmbari Erschinigswält usmacht. Das isch deswäge schwierig, wills sich daderbi um öppis Immateriells handelt, wo nid grifbar, wahrnehmbar, herzeigbar isch, aber nichtsdestotrotz würklich isch, nämlich nüt wäniger als üseri alltäglichi Erschinigswält bewürkt.
Kunscht isch d'Unmöglichkeit Unsichtbars sichtbar z'mache.
Kunscht muess gfördert wärde, willzi minoritär isch.
Demgegeüber schtoht d'Underhaltig.
Was mier extrem ufe Wecker goht, isch Underhaltig, wo so schlächt und langwilig isch, dassi – um subventioniert und underhalte z'wärde – sich als Kunscht usgit.
Kunscht, willsi wohr isch, gnüegt sich sälber. (Wär aber beurteilt, was Kunscht isch?)
Underhaltig aber muess jemand underhalte. Das ghört ganz wesentlich zur Underhaltig.
Nöd wohr, wänni ä Witz verzelle und niemert muess lache, dänn isches eifach kei Witz. Da chasch doch nöd cho und säge, ds Publikum sig z'doof! Äso funktioniert Showbusiness nöd!
Underhaltig muess per definitionem ihres Publikum finde.
Underhaltig, wo muess underhalte wärde, isch ä Witz!
Erfolgrichi Underhaltig aber für ihre Erfolg z'kritisiere, isch dünkelhaft. Äs git nun emoll ganz verschiedeni Lüt, die vo ganz Verschiednigem underhalte sind.
Geischtig gsundi Lüt, aber sötted gar nöd underhalte wärde müesse - äs sig dänn vor Kunscht.

4. November 2011